Geschichte und Tradition

Auf 1506 m ü.M. gelegen, ist Bosco Gurin das höchste Dorf im Kanton Tessin. Seine Geschichte beginnt im 13. Jh., als die ersten Walser Siedler von Westen her kommend hier eine neue Bleibe suchten. In der natürlichen Talmulde von Bosco fanden sie den geeigneten Ort, wo sie ihr Dorf gründeten. Die Leute von Bosco Gurin haben ihre Traditionen und ihre Sprache während all den Jahrhunderten bewahrt, sodass heute noch das “Ggurijnartitsch" im Alltag von den Dorfbewohnern gesprochen wird. Bezeichnend für die Walser ist ihre Eigenart, sich stets in den höheren Gebieten der Alpen niederzulassen, ohne je ins Tal hinabzusteigen. Dadurch waren sie den Härten und den Gewalten des Hochgebirges ausgesetzt.

Dies spiegelt sich in ihrer typischen Bauart wieder (z.B. an den Stadeln oder Gaden sichtbar) sowie in den Legenden und bäuerlichen Traditionen (man denke zum Beispiel an die Volkserzählungen über die “Weltu", diesen mythischen Gestalten, deren Füße rückwärts gedreht sind). Obwohl die Bevölkerung von Bosco im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts wegen der Auswanderung ständig abgenommen hat, ist es dem Dorf gelungen, durch den Tourismus und die Verwirklichung mutiger Projekte wie des allgemein hochgeschätzten Skiliftbetriebs wieder zu neuem Leben zu erwachen.

Geologie

Bosco Gurin wurde auf einem zwischeneiszeitlichen Erdrutsch aus der Riss-Würm Epoche (vor ca. 150'000 Jahren) errichtet. Das Gebiet zeichnet sich durch die große Vielfalt des geologischen Substrats aus: es wechseln sich aus Kalkablagerungen entstandene Karbonatfelsen und saure und hochbasische Gesteinsschichten wie Giltstein ab. Dieses Gestein wurde in der Vergangenheit für den Bau von Giltöfen oder für die Produktion von Gips für die Gebäude verwendet.

Klima

Das Gebiet von Bosco Gurin ist geprägt vom insubrischen, alpinen Klima, das sich auszeichnet durch trockene, sonnige Winter, in denen nicht selten der Nordwind weht und sich der Frost nur an wenigen Tagen einstellt. Im Herbst und im Frühling regnet es reichlich, während der Sommer meist sonnig ist und nur durch manchmal heftige Gewitter getrübt wird. Im Winter bildet nämlich die Alpenkette Schutz gegen die von Norden aufziehenden Unwetter, während im Sommer die vom Mittelmeer her kommenden Wolken heftige Schauer bringen, die in kurzer Zeit große Mengen Wasser entladen.

Flora

Längs des Pfades, der von Bosco Gurin zu den Alpenseen Pero und Poma führt, wachsen beim Übergang vom Wald zu den Wiesen überaus interessante Pflanzenarten, wie der wunderschöne Türkenbund oder die zarte Kugelorchis. Im Wald hinter dem Dorf oder am Weg zur Alp blüht der Purpurenzian. In den Feuchtgebieten wachsen das gefleckte Knabenkraut und eine seltene Art fleischfressender Pflanze: der Sonnentau. Weiter oben und über 2200 m ü.M. wächst am Fuße der Felswände oder zwischen den Felsbrocken eine im Tessin selten vorkommende, wunderhübsche Glockenblume, die leicht am tiefen Einschnitt zwischen den Blütenblättern erkennbar ist: die Campanula incisa.

Fauna

Auf den Berghöhen kann man Gemsen und Steinböcke beobachten und den typischen Pfiff der Murmeltiere ertönen hören. Zwischen den an den Hängen wachsenden Grasbüscheln ducken sich das Moorschneehuhn und der Schneehase. In den weiter talwärts wachsenden Wäldern leben Hirsche und Rehe. Im Frühling ertönt der Ruf eines prachtvollen Vogels, nämlich des Birkhuhns. Im Frühling während der Paarungszeit stellt dieser Vogel sein herrliches schwarz-weißes Gefieder zur Schau, breitet seine leierförmigen Schwanzfedern aus und zeigt seine roten Karunkeln über den Augen. Auf den Balzplätzen ertönt sein gluckernder Lockruf, der die Weibchen anzieht und andere Männchen verjagt.

Wälder

Über dem Dorf wächst ein prächtiger Lärchenwald, der je nach Jahreszeit einen wechselnden Rahmen bildet: das leuchtende Grün des Sommers verwandelt sich im Herbst in helles Gold, und weicht im Winter dem weiß-braunen, vom Schnee und den kahlen Ästen gebildeten Mosaik. An den Hängen stehen bis auf 1900 m ü.M. Lärchen neben Rottannen und Ebereschen, und in der Nähe der Bäche wachsen Erlen und Haselsträucher. In den Alpen bietet der Wald nicht nur Geborgenheit für das Wild oder einen Ort für angenehme Spaziergänge, sondern spielt auch eine überaus wichtige Rolle als Schutz gegen die Naturgewalten wie Schneelawinen, Erdrutsche und Felsstürze und liefert Bau- oder Brennmaterial.

Da, wo kein Wald mehr wächst, nämlich oberhalb 2000 m ü.M., haben sich zwischen den Weiden und den Felswänden in den feuchten Mulden Moore und Torfgruben gebildet, in denen einzigartige, jedoch leider bedrohte Tier- und Pflanzenarten heimisch fühlen. Hier laicht zum Beispiel der Grasfrosch. Die Bedeutung dieser Biotope wurde durch die Aufnahme in das Inventar der Flachmoore von kantonaler Bedeutung anerkannt.